Österreichische Politiker und wie sie Facebook nutzen

Soziale Netzwerke sind heute omnipräsent. Denn viele nutzen sie täglich, und oft auch, um an Informationen zu gelangen. Dadurch hat sich auch längst ein Teil der politische Bühne auf diese Ebene verlagert. In Österreich hat man bei Facebook fruchtbaren Boden gefunden. Kanzler und Vizekanzler kommen jeweils auf über 700.000 „Likes“. Auf Twitter, der wohl nächstbekannten Plattform finden sie hingegen nur rund 300.000 und rund 50.000 Follower.

Manche Medien [1][2] [3] haben sich bereits dem Thema gewidmet und sich mit der Analyse der Daten beschäftigt. Dabei ging es vornehmlich um Inhalte auf den Seiten oder um Interaktionen mit Postings auf den jeweiligen Seiten. Noch nicht genau untersucht sind allerdings die zeitliche Verteilung von Postings im Laufe des Tages, deren Typ und Länge, oder die Häufigkeit von Post-Löschungen. Wie stark unterscheiden sich hochrangige Persönlichkeiten verschiedener Parteien dabei? Finden sich Zusammenhänge zwischen der Facebook-Aktivität und ihrem Wahlerfolg?

Diesen Fragen soll anhand einer Auswertung von allen Facebook-Postings von den Seiten der Spitzenkandidaten der sechs stärksten Parteien Österreichs über einen Zeitraum von rund einem halben Jahr beurteilt werden.

Methodik

Die Datengrundlage für diesen Beitrag bildet das seit Oktober 2017 laufende Projekt „PolitiPost“ [4] vom Autor, das fortlaufend die Facebook- und Twitter-Beiträge der Auftritte verschiedener Politiker und Parteien sammelt und archiviert. Zur Auswertung wurde eine Kopie der Datenbank vom 4. April 2018 verwendet. Eine aktuelle Kopie der Datenbank kann von der Projektseite heruntergeladen und für eigene Analysen verwendet werden.

Für die Erfassung von geplanten Posts wird die Annahme zugrunde gelegt, dass ein vernachlässigbarer Anteil von Postings zur nullten Sekunde einer Minute händisch veröffentlicht wird. Demnach sind in diesen Statistiken all jene Posts als geplant angenommen, die zu einer vollen Minute veröffentlicht werden.

Postings werden als „gelöscht“ markiert, wenn Facebook oder Twitter beim Aufruf des dazugehörigen Permalinks einen HTTP-404-Fehler retourniert.

Die Grafiken und Auswertungen wurden mithilfe von matplotlib und pandas erstellt. Die verwendeten Skripte und Rohdaten können auf Anfrage herausgegeben werden.

Beiträge nach Typ und Länge

Große Unterschiede zwischen den Facebook-Seiten werden bei den verwendeten Medienformaten und der Länge der geteilten Beiträge ersichtlich.

Zuerst einmal fällt auf, dass auf jede der Seiten kaum reine Posts publiziert werden und meist zumindest ein Link angehängt wird. Während bei Heinz-Christian Strache das Groß der Beiträge mit Links verknüpft ist, posten sowohl Sebastian Kurz als auch Matthias Strolz am häufigsten Videos. Bei Christian Kern scheinen die drei großen Schienen gleichmäßig aufgeteilt, während bei Peter Pilz Veranstaltungen auch einen verhältnismäßig großen Anteil an Beiträgen ausmachen. Ingrid Felipe konzentriert sich hingegen hauptsächlich auf Fotos.

In der Grafik wird zudem deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen Anzahl der publizierten Posts und Wahlerfolg sehr unwahrscheinlich ist. Ganz offensichtlich wird das am Beispiel von Kurz, dessen Seite knapp weniger publiziert hat, als jene von Kern und dennoch in den Wählerstimmen klar überlegen war.

 

Die durchschnittliche Beitragslänge variiert auch stark. Felipe und Pilz verfassen durchschnittlich die längsten Postings, und dafür auch die wenigsten. Das erscheint einleuchtend, betrachtet man die Stammwählerschaft der Grünen, aus der auch viele  der Stimmen für die Liste Pilz kamen. Da Strolz auch auf Twitter rege aktiv ist und auf diesem Medium mit einem knappen Limit von 280 Zeichen pro Tweet arbeiten muss, überrascht es nicht, dass seine Posts durchschnittlich kürzer sind. Kurz wird seinem Ruf als Schweigekanzler anscheinend gerecht, denn seine Seite veröffentlicht durchschnittlich die kürzesten Posts aus der Liste der Spitzenkandidaten des letzten Wahlkampfs.

Beiträge nach Veröffentlichungszeiten

Einen weiteren Eindruck erlaubt die Verteilung von Postings über den Tag. Blau gekennzeichnet sind dabei vermutlich geplante Postings.

Auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache wird allgemein viel gepostet, besonders viel allerdings in den Morgenstunden um 7 Uhr, sowie um 14 Uhr und in den frühen Abendstunden um 17 und 18 Uhr. Sebastian Kurz wie Strache haben einen Knick um die Mittagszeit, wobei ersterer schon eine Stunde früher einen Tiefpunkt erreicht. Auf der Facebook-Seite von Kurz gibt es im Gegensatz zu jener von Strache den ersten Höhepunkt erst um neun Uhr.

Während die Facebook-Seite von Matthias Strolz eine Stunde nach Mittag etwas weniger postet, bleibt die Seite Christian Kerns durchgehend aktiv. Besonders auffallend sind die großen Anteile geplanter Beiträge bei Kern in den Morgenstunden und bei Strolz über den Vormittag hinweg. Ebenso sticht hervor, dass die Anzahl an Beiträgen nach 20 Uhr auf allen vier bisherigen Seiten stark zurückgeht. Am ehesten harmonisch verläuft das noch bei Kurz, dessen Facebook-Auftritt hier tendenziell mehr veröffentlicht als seine Konkurrenten.

Die Seite von Peter Pilz ist im Vergleich wenig aktiv und das hauptsächlich am Vormittag. Von Ingrid Felipes Seite geht etwas mehr Aktivität aus. Wie zuvor auch schon liegt bei den geplanten Posts ein Fokus auf die 7. Stunde des Tages.

Es liegt die Vermutung nahe, dass man mit den regelmäßigen Veröffentlichungen zwischen 7 und 8 Uhr die Menschen am Weg zur Arbeit erreichen möchte. Das betrifft dann hauptsächlich den Teil der Bevölkerung, der öffentlich unterwegs ist. Radfahrer oder Autofahrer sehen diese Meldungen später oder gar nicht. Gleiches gilt für den späten Nachmittag, an dem die Menschen von ihren Jobs wieder heimkehren. Ob diese Unterschiede in der Erreichbarkeit verschiedener Bevölkerungsgruppen auch von den Seitenbetreibern ausgenutzt werden, könnte weiter untersucht werden.

Weiters fällt auf, dass in den späteren Abendstunden nach 21 Uhr auf keiner der Seiten geplante Posts veröffentlicht werden. Insbesondere Kurz, aber auch Felipe sind um diese Uhrzeiten dominant.

Wie in den Grafiken schon ersichtlich war, ist Strolz Spitzenreiter bei der relativen Anzahl an geplanten Posts. Strache, Kern und Kurz liegen dann dicht zusammen.

Gelöschte Beiträge

Eine Analyse der gelöschten Posts ergibt relativ hohe Löschquoten auf den Seiten von Strache und Pilz. Dann zieht Kurz nach, bevor Strolz und Felipe folgen. Bei Kern gab es methodische Probleme, da durch die Umbenennung seiner Seite von „bundeskanzler.christian.kern“ auf „christian.kern.spoe“ etliche Links nicht mehr funktionieren, zu denen die Posts aber auf der neuen Seite noch vorhanden sind.

Untersucht man die gelöschten Beiträge allerdings näher, so stellt sich heraus, dass diese oftmals leicht fehlerhaft oder unerwünscht formuliert waren und ähnlich klingende Beiträge einige Minuten bis Stunden später veröffentlicht wurden, die auch weiterhin abrufbar sind.

Fazit

Obwohl sich unter den Facebook-Seiten der Spitzenkandidaten in breiten Teilen ein relativ homogenes Bild ergibt, stechen doch einige Unterscheidungen stark hervor:

  • Die Seite Heinz-Christian Straches ist abgeschlagener Spitzenreiter in der Anzahl der Postings, wobei er diesen Vorsprung insbesondere durch viele Links herausholt. Zudem wird von seiner Seite ausgesprochen oft zwischen 7 und 8 Uhr ein Beitrag veröffentlicht.
  • Auf den Seiten von Peter Pilz und Ingrid Felipe wird zwar vergleichsweise sehr selten publiziert, dafür aber durchschnittlich doppelt bis dreimal so lange Postings wie ihre Konkurrenten.
  • Das Feature für geplante Veröffentlichungen von Beiträgen wird so intensiv nur auf der Seite von Strolz verwendet. Die Seite von Kern nutzt die Funktion häufig für Postings zwischen 5 und 7 Uhr.
  • Gelöschte Postings sind meist Nebeneffekte kleiner, typografischen Änderungen am Inhalt des Postings. Die finale Version bleibt in der Timeline der Seite in diesen Fällen bestehen.

Dass das Postingverhalten der Spitzenkandidaten und ihrer Teams auf Facebook maßgeblich für den Erfolg der einen oder anderen Partei sein soll, scheint unwahrscheinlich. Bei vielen untersuchten Werten liegt Strolz auf der selben Ebene wie Kurz oder Kern und dennoch blieb bei ihm ein vergleichbarer Wahlerfolg aus.

Viele Fragen, die durchaus Interessantes zu Tage fördern könnten, bleiben weiter offen. Wie ändert sich das Postingverhalten der Facebook-Auftritte der Spitzenkandidaten im Wandel an Themen und Rollen? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschieden zeigen sich zwischen Politikern einer Partei? Lassen sich dort Merkmale einer einheitlichen Social-Media-Strategie ausmachen?

Quellen

[1] https://derstandard.at/2000065820439/Politiker-auf-Facebook-Strache-schickt-seine-Fans-zum-Boulevard, abgerufen am 10.04.2018

[2] https://derstandard.at/2000044079645/Zur-Info-Das-Facebook-Universum-des-HC-Strache, abgerufen am 10.04.2018

[3] https://www.profil.at/oesterreich/politiker-netz-facebook-strache-kurz-hofer-vanderbellen-kern-7698551, abgerufen am 10.04.2018

[4] http://politiposts.fesch.wien/, abgerufen am 10.04.2018

Felix Schneider war Teilnehmer des 10. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie


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