Wirtschaftskrise – Krise der Wirtschaftswissenschaften

Wir befinden uns nicht nur in einer Wirtschaftskrise, sondern auch in einer Krise der Wirtschaftswissenschaften. Die orthodoxe Ökonomie steht nicht nur vor dem Problem, dass ihre Vertreter die Krise nicht vorhersehen konnten, sondern deren Politikstrategien wesentlich zur Entstehung beigetragen haben. Es ist jedoch genau diese Denkschule, die den StudentInnen meistens als einzig richtiger Weg an den Universitäten und Fachhochschulen gelehrt wird. Dies bezieht sich jedoch nicht nur auf die Studien der Volkswirtschaftslehre, sondern auch auf die wirtschaftlichen Einführungskurse anderer Fachrichtungen. Mit dem Eintreten der Krise stehen wir durch die zunehmende Bewusstseinsbildung vor der Chance, den Lehrplan, aber auch das allgemeine Bild über Ökonomie zu überdenken und reformieren.

Es sollte Platz für heterodoxe Theorien und transdisziplinäre Ansätze geschaffen werden, anstatt sich weiterhin nur auf die neoklassischen Modelle zu versteifen. Es ist theoretisch möglich ein VWL Studium abzuschließen, ohne jemals auf die Theorien wie unter anderem von Marx und Minsky eingegangen zu sein. Alternative Ansätze zur Neoklassik muss man sich im Selbststudium (oder von StudentInnen selbstorganisierten Lehrveranstaltungen) beibringen.

Durch die auf Individualismus basierenden, atomistisch herunterreduzierten mathematischen Modelle werden viele Aspekte außer Acht gelassen. Wir sind schließlich nicht bloß mit einer Krise des Marktes, sondern zusätzlich mit Sozial-, Politik- und Umweltkrisen konfrontiert. All diese Faktoren sind voneinander abhängig und miteinander verbunden.

Gerade deshalb setzen sich immer mehr StudentInnen für eine Veränderung in der Lehre ein. Beispiele dafür sind die Post-Crash Economics Society an der Manchester University, das Netzwerk Plurale Ökonomik e.V. in Deutschland und Pluralism at WU an der Wirtschaftsuniversität Wien in Österreich.

Hoffentlich wird die Chance genutzt, um die Krise der Wirtschaftswissenschaften zu bewältigen. Durch die Erweiterung des Lehrplans entstehen eventuell auch neue weitläufigere Ansätze, welche hilfreich sein werden, um mehrdimensionalen Krisen entgegenzuwirken.

Quellen
theguardian.com
economist.com
washingtonpost.com
theguardian.com
plurale-oekonomik.de

 

Judith Derndorfer & Petra Frischenschlager
sind Teilnehmerinnen des 6. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie 2013/14.


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