Frauen malen nicht so gut. What?

Ein Buch, das bloß aus unbedruckten Seiten besteht – Das soll Kunst sein? Etwas ratlos ist wohl jeder, der Sibylle Zehs Werk Künstlerinnenlexikon 2000-2006 erstmals betrachtet. Wo ist die Nachricht, wo die Aussage? Blättert man durch die Seiten wird einem schnell vor Augen geführt, dass eben diese leeren Seiten eine immense Botschaft in sich tragen.

Zeh hat aus dem Standardwerk Reclams Künstlerlexikon alle Männernamen mit weißer Farbe verschwinden lassen – übrig blieben gerade einmal 169 Künstlerinnen.

Jerry Saltz (1), Amerikas populärster Kunstkritiker stellte anlässlich der Neueröffnung des New Yorker Museum of Modern Art 2004 bei einem Gang durch die permanente Ausstellung fassungslos fest: von 415 Werken waren bloß 20 von Frauen, 2007 waren es gar nur mehr 14.

Wie kann so etwas sein, fragt man sich unweigerlich, wo doch die Zahl der abgebildeten Frauen im Vergleich zu Männern schon seit frühen Zeiten bei weitem überwiegt. Gerade in den edlen Künsten sollte doch Gleichberechtigung längst hergestellt sein? Und tatsächlich, während 1990 noch über 70 Prozent der internationalen großen Museen von Männern geleitet wurden sind heute nur mehr 44,7 Prozent jener DirektorInnenposten in Männerhand – an den Kunsthochschulen sind 60 Prozent der StudentInnen Frauen. Philomene Magers und Monika Sprüth besitzen eine der führenden Galerien weltweit, der Kunststar mit dem global größten Hype und der bestbesuchten Ausstellung aller Zeiten heißt Marina Abramovic und alle führenden Museen weltweit haben jährlich mittlerweile mindestens eine Soloshow einer Frau.

Und trotzdem, in Artfacts.net (2), dem wichtigsten Barometer für den Einfluss am Kunstmarkt sind bloß 6 Frauen in den Top 50 gelistet, noch düsterer sieht es am Auktionsmarkt aus: unter den Top 100 der teuersten verkauften Kunstwerke findet sich keine einziges aus weiblicher Hand. Nach einer Studie des deutschen Kulturrates (3) verdient eine Künstlerin bloß 6.400 Euro, während ihr Kollege zur gleichen Zeit 10.000 Euro verdient.

Woran liegt das nun? Wohl kaum daran: „Frauen malen nicht so gut. Das ist ein Fakt.“ , wie Kunstdinosaurier Georg Baselitz (75), einer der wichtigsten deutschen Maler, letztes Jahr in einem Spiegel Interview (4) befand. Vielmehr liegt es, wie in so vielen anderen Bereichen, an den Strukturen der Kunstwelt, die trotz der vielen genannten Besserungen noch von einer Altherrenclique beherrscht und reproduziert werden, gerade was den internationalen Kunstmarkt und -handel betrifft und somit nur schleichende Veränderung möglich ist.

Was aber Hoffnung macht: der Kern des Schaffens aller in den Artfacts Top 50 vertretenen Künstlerinnen ist der Feminismus in der ein oder anderen Form, also will das Publikum starke Frauen in der Kunst. Und: wie in der Natur werden auch die Dinosaurier in der Kunstwelt früher oder später aussterben.

 

 Markus Krennmayr
war Teilnehmer des 6. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie 2013/14.


Beitrag veröffentlicht

in

, ,

von

Schlagwörter: