Flüchtlinge sind das Problem? Ja, Steuerflüchtlinge!

Tagtäglich wird über immer neue Flüchtlinge berichtet, die sich auf den beschwerlichen Weg nach Europa machen, um vor Krieg, Terror und Gewalt zu fliehen, sich hier in Europa ein neues Leben aufzubauen und in Frieden leben zu können. Die Politik diskutiert in diesem Zusammenhang gerne über Zäune, Beschränkungen und Asyl auf Zeit. Der Staat ist nicht in der Lage, finanzielle Mittel bereitzustellen um Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, sie mit dem Allernötigsten zu versorgen und ihnen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Oft wird auch mit zusätzlichen Kosten argumentiert, wenn es darum geht, Flucht zu erschweren. So wurde unter anderem die Mehrbelastung durch Flüchtlinge als Grund genannt, den EU-konformen Budgetweg zu verlassen und die Maastricht-Kriterien in diesem Jahr möglicherweise nicht zu erfüllen.

Während auf dem Rücken dieser armen Menschen Politik gemacht wird, gibt es eine Gruppe Flüchtlinge, über die gegenwärtig kaum jemand spricht, nämlich die Steuerflüchtlinge. Für ihr Geld gelten Grenzen scheinbar nicht, sie verschieben ihre Gewinne und Vermögen ganz ohne Grenzkontrollen. Kein Frontex, kein Zaun hält ihr Geld auf. In hübschen Steueroasen liegt ihr Geld und sie richten damit einen enormen finanziellen Schaden für die Staaten an.

Laut Berechnungen von Gabriel Zucman („The Missing Wealth of Nations“) liegen circa 5800 Milliarden Euro in Steueroasen oder „Offshore Zentren“. Das sind 8% des weltweiten privaten Finanzvermögens. 80 % davon bleiben gänzlich unbesteuert, ein Drittel davon liegt in der Schweiz, der Rest teilt sich auf andere Steueroasen, wie zum Beispiel die Bermuda-Inseln, auf.

Gemäß diesen Annahmen kann man versuchen einzuschätzen, wie hoch der Steuerausfall ist. Unter der Annahme, dass die oben erwähnten 80% der Vermögen nicht deklariert sind, liegt dieser bei circa 130 Milliarden Euro. (1) Betroffene Steuern sind vor allem Vermögens- sowie Erbschaftssteuern, aber auch Einkommens- und Ertragssteuern.

Doch nicht nur Privatpersonen hintergehen den Fiskus. Auch internationale Unternehmen haben teils legale Wege geschaffen, ihre Steuerlast zu minimieren. Dies geschieht durch Abschreibungen (Verluste in anderen Ländern werden etwa auf Gewinne im Inland gegengerechnet um Steuern zu sparen), Verlagerung des Gewinnes in Niedrigsteuerländer oder durch international nicht abgestimmte Steuergesetze, welche optimal ausgenutzt werden. So zahlte etwas Starbucks Österreich durch solche Steuertricks bei einem Umsatz von 11 Millionen Euro Steuern in der Höhe von nur 1311 Euro. Auch Apple in Deutschland musste umgerechnet nur zwei Cent für jeden verdienten Euro an Steuern zahlen. (2)

Aus Angst vor noch geringeren Steuereinnahmen und im Kampf nach mehr Unternehmen im eigenen Land gehen Staaten in einen gefährlichen Steuerwettbewerb und zwingen so andere Staaten nachzuziehen. Dadurch sinkt das allgemeine Steuerniveau, was sich durch geringere Steuereinnahmen und dadurch auch weniger Staatsausgaben bemerkbar macht. Sozialleistungen werden gekürzt oder im Bereich der Bildung und Forschung wird gespart.

Wichtig wäre es, die unmenschlichen Maßnahmen, die jetzt im Bereich der Flüchtlinge diskutiert werden, auf Steuerflüchtlinge anzuwenden. Es muss Kontrollen für Finanztransaktionen geben. Das Kapital soll nicht mehr unkontrolliert von A nach B gelangen dürfen. Auch der Aufenthaltsort von Gewinnen und Vermögen soll unverzüglich immer gemeldet werden müssen. Außerdem ist ein gesamteuropäisches Handeln in dieser Thematik sehr wichtig: So wäre Frontex für Steuerflüchtlinge sehr sinnvoll, die Transaktionen, Gewinnversteuerung und Vermögen überwachen und somit dafür sorgen, dass alle Steuerflüchtlinge auch brav ihre Steuern zahlen!

(1) Zahlen aus http://blog.arbeit-wirtschaft.at/steueroasen-wo-der-wohlstand-der-nationen-versteckt-wird/

(2) Beispiele aus http://kurier.at/politik/inland/steuer-schlupfloecher-steuerflucht-der-multis-staaten-suchen-billionen/90.613.905

Benjamin Jaquemar ist Teilnehmer des 8. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: