Lenken, aber wen und wohin? Die Tabaksteuer

Die Tabaksteuer ist heiß umstritten. Regelmäßig versuchen teilweise sehr komplexe Forschungsprojekte nachzuweisen, dass sie ungerechtfertigt hoch, ineffizient, viel zu niedrig oder zumindest stärker nutzbar ist. Ein kurzer Rundumblick soll vor allem die österreichische Tabaksteuer und die darum sich rankende Debatte beleuchten und dem Gesamtbild die eine oder andere Facette, vor allem hinsichtlich der Verteilungswirkungen eines solchen öffentlichen „Erziehungsinstrumentes“, hinzufügen.

Die Steuer.

Zu Beginn sei grundsätzliches zur Steuer, die den Verkauf und Konsum von Tabakerzeugnissen in Österreich belasten soll, gesagt. An erster Stelle zu erwähnen ist, dass es sich hierbei um eine indirekte Verbrauchssteuer handelt. Das bedeutet, dass der Kaufakt besteuert wird und die Steuer über den Verkaufspreis durch den/die Verkäufer/-in eingehoben wird. Das ist im Falle einer Steuererhöhung nicht unwesentlich. Würde die Steuer- und somit Preiserhöhung eines Produktes einen sehr hohen Nachfragerückgang erwirken, könnte es dazu kommen, dass der/die Verkäufer/-in einen Teil der Steuer selbst trägt, um den Preis nicht allzu stark anzuheben. Im Falle von Tabakerzeugnissen ist der umgekehrte Fall gegeben: Da der Tabakkonsum zu einem großen Teil durch Suchtverhalten zu erklären ist, müssen die Konsument/-innen den hohen Preis in Kauf nehmen, da ein Verzicht nicht unbedingt in Frage kommt.
Daraus folgt, dass eine solche Steuer ein günstiges Instrument zum Lukrieren öffentlicher Einnahmen ist, weil gerade in Phasen der schwachen Konjunktur eine Steuererhöhung nur geringe Auswirkungen auf den Konsum des Gutes hat. Als weiterer Vorteil, der die Tabaksteuer zum beliebten fiskalischen Instrument macht, ist ihre leichte Rechtfertigbarkeit mit Blick auf deren gesundheitspolitischen Lenkungseffekt. Eine Lenkungssteuer soll ein gesellschaftlich erwünschtes Verhalten hervorrufen. Im Falle der Tabaksteuer wird durch die Verteuerung des Gutes also darauf abgezielt, den Konsum zu verringern. Dabei entstehen zwei interessante Fragestellungen.
Erstens ergibt sich ein Interessenskonflikt zwischen dem fiskalischen öffentlichen Interesse auf der einen Seite, welches die Steuer als Einnahmequelle sieht und ein hohes Steueraufkommen fordert. Demgegenüber steht auf der anderen Seite ein gesundheitspolitischen Interesse, aus dessen Perspektive ein möglichst geringes Steueraufkommen wünschenswert ist, da dies auf wenig Nachfrage hindeutet.
Zweitens erfordert die Prognostizierung der Lenkungswirkung eine genaue vorherige Analyse. So ist beim Zigarettenabsatz in Österreich stellenweise zu beobachten, dass eine Preiserhöhung sogar zu einer in der Gesamtwirkung steigenden Nachfrage nach Tabakerzeugnissen führt. Dieses Phänomen entsteht, wenn die Vorziehkäufe die auf die Preiserhöhung folgende Kaufzurückhaltung überkompensieren. Die Menschen kaufen also vor der Preiserhöhung verstärkt ein, um Vorräte aufzubauen, um ihren Konsum im Nachhinein nicht dauerhaft unter dem üblichen Niveau zu halten. Gerade bei einer Erhöhung der Steuer, die im Vorhinein bereits allgemein bekannt ist, könnte der Effekt noch stärker sein, als bei den von den Unternehmen hervorgerufenen plötzlichen Preissteigerungen.

 

Die Diskussion.

Unabhängig von der Rolle der Tabaksteuer als vergleichsweise konjunkturfreundlichere Steuer, die im Idealfall ein gesellschaftlich erwünschtes Resultat hervorbringt, wird die Diskussion von einer Vielzahl an Kosten-Nutzen-Analysen geprägt, die ebenso eine Vielzahl an unterschiedlichen, teilweise diametral zueinander stehenden Ergebnissen liefern. Diese Analysen sollen erörtern, ob gerechtfertigt ist, Raucher/-innen mittels höherer Abgaben für höhere Kosten, die sie der öffentlichen Hand mitunter verursachen, zur Verantwortung zu ziehen. Gemeint sind mit höheren Kosten meist jene Ausgaben des Gesundheitssystems für die Behandlung von Krankheiten, die durch das Rauchen hervorgerufen oder gefördert wurden. Außerdem werden auch Arbeitsunfähigkeiten und daraus folgende Einnahmenausfälle für den Fiskus angeführt. Solchen Ausgaben stehen aber wiederum nicht anfallende Verpflichtungen gegenüber. So sterben Raucher/-innen zwischen fünf und zehn Jahre früher, was für das Pensionssystem eine starke Entlastung darstellt. Welchen Berechnungen Glauben zu schenken ist, soll dem Ermessen des/der Leser/-in überlassen sein.

 

Zur Verteilung.

Weniger präsent sind in der öffentlichen Diskussion, die ebenso emotional wie ergebnislos geführt wird, die Verteilungswirkungen einer solchen Steuer. Aus dem Wesen einer Verbrauchssteuer entspringt, dass sie den/die Verbraucher/-in trifft. Das klingt zwar trivial, ist aber im Falle des Rauchens – und übrigens auch bei der Alkoholsteuer – relevant. So lässt sich nachweisen, dass der Tabakkonsum mit steigendem Bildungsniveau oder Einkommen zurückgeht. Am meisten wenden Absolvent/-innen von Pflichtschulen für den Tabakkonsum auf, am wenigsten Universitätsabsolvent/-innen, resümiert das WIFO in diesem Zusammenhang. Daher trifft die Steuer Menschen, die finanziell schlechter gestellt sind, nicht nur relativ zu deren Einkommen stärker, sondern adressiert diese auch unmittelbarer. Für ein Tabaksteueraufkommen von insgesamt 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2014 oder knapp zwei Prozent der gesamten Einnahmen durch Steuern der Republik müssen daher verstärkt Menschen aufkommen, die eher unterprivilegiert sind.
Dazu kommt, dass speziell günstige Zigarettenmarken mit der Reform, die zwischen 2014 und 2017 durchgeführt wird, belastet werden. Im Detail besteht die Besteuerung aus einem zu entrichtenden Fixbetrag pro 1000 Stück und einem variabler Anteil in Prozent vom Bruttoverkaufspreis. Tatsache ist, dass vor allem der Fixbetrag in gegebenem Zeitraum sukzessiver erhöht wird. Während eine Erhöhung des Satzes, der auf Basis des Bruttoverkaufspreises kalkuliert wird, die teureren Marken stärker betreffen würde, werden bei der Fixbetragserhöhung relativ gesehen die billigeren Marken belastet. Geht man davon aus, dass Luxusmarken eher von Menschen mit höheren Einkommen konsumiert werden, sind bei einer Fixbetragserhöhung wiederum die Einkommensklassen betroffen, die auf billige Fabrikate angewiesen sind.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass bei der Diskussion um die Tabaksteuer nicht lediglich deren Umsetzbarkeit, Lenkungswirkung, Budgetwirksamkeit und Konjunkturneutralität berücksichtigt werden sollte: Vielmehr muss auch bei dieser Steuer eine differenzierte Analyse der sie tragenden Bevölkerungsschichten durchgeführt und ein Fokus auf Verteilungswirkungen gelegt werden. Ein Steuersystem kann auf Verhaltenssteuerung ausgerichtet sein, muss in so einem Fall aber auch Fairness garantieren und nicht zu Lasten jener gehen, die finanziell nicht die ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit besitzen, um solchen Erziehungsmaßnahmen trotzen zu können.

 

Literatur

 

Severin Rapp ist Teilnehmer des 8. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie.


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