Deutschland hat gewählt und es kam die große Koalition. Nun haben sich die konkurrierenden Parteien zusammengesetzt, um über die nächsten vier Jahre zu entscheiden. Vor lauter parteistrategischen und innenpolitischen Taktikmanövern kam eines der wichtigsten Themen unserer Zeit leider viel zu kurz – Die Eurokrise. Man könnte von einer Koalition, die knapp 70% der Stimmenanteile abdeckt, ein innovatives oder zumindest ein schlagkräftiges Konzept zur Bekämpfung der Eurokrise erwarten. Zumal Deutschland, als das von Exporten abhängigste Land, wohl das größte Interesse an einer hohen Kaufkraft seiner Nachbarländer hat. Zudem sollte es durch den enormen Vorteil, der aus dem EWR für Deutschland entsteht, den Anspruch haben, seine Partner nicht alleine stehen zu lassen.
Was nun aber raus kam scheint mehr als dürftig. “Damit Europa dauerhaft einen Weg aus der Krise findet, ist ein umfassender politischer Ansatz erforderlich, der Strukturreformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine strikte, nachhaltige Haushaltskonsolidierung mit Zukunftsinvestitionen in Wachstum und Beschäftigung in sozial ausgewogener Weise verbindet. … Wir wollen, dass Krisenstaaten eine starke Eigenbeteiligung an der Krisenbewältigung leisten und eigene Mittel einsetzen, bevor sie Hilfskredite erhalten. Diese dürfen nur im Gegenzug zu strikten Auflagen bzw. Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen der Empfängerländer gewährt werden. … Unser Ziel ist es, Europa gestärkt aus der Krise zu führen – als ein Europa der Stabilität und des nachhaltigen Wachstums. Der Euro als starke und stabile Währung ist dafür eine zentrale Voraussetzung. Unser Grundsatz ist dabei: Solidarität und Eigenverantwortung gehören zusammen. Dieser Weg wäre mit einer Vergemeinschaftung von Schulden unvereinbar. Vielmehr brauchen wir mehr Wettbewerbsfähigkeit durch Strukturreformen und neue Wachstumsimpulse in allen Mitgliedsstaaten. Das soziale Europa ist für uns von gleichrangiger Bedeutung wie die Marktfreiheiten im Binnenmarkt.” (Quelle: Koalitionsvertrag, Seite 157f.)
Sind brutale Austeritätspolitik und streng gelebte Neoklassik die Antwort auf die Eurokrise? Wenn dies die langgesuchte Antwort ist, die eine deutsche Politikelite in mehreren Wochen Verhandlungen ausarbeiten kann, steht es um die Politik wohl schlimmer als um den Euro. Das Motto der deutschen Kanzlerin Angela Merkel „mehr vom Gewohnten und alles wird gut“ scheint Schule zu machen.
Doch müsste gerade Deutschland wissen, wie man aus Krisen kommt. Als 2008 die ersten Auswirkungen der Finanzkrise das Land trafen hat man damals unter der letzten großen Koalition schnell und geschlossen gehandelt – es wurde massiv Nachfragepolitik betrieben. Man scheute nicht Geld auszugeben, um die Krise zu überwinden, dementsprechend wurden diverse Konjunkturprogramme gefahren. So kam Deutschland dank einer zielstrebigen Nachfragepolitik relativ unbeschadet durch die Krise.
Doch nun will man diese, aus meiner Sicht effektive Bekämpfung einer Krise, anderen Ländern nicht zugestehen. Im Gegenteil zwingt man ihnen ein Spardiktat auf und lässt sie in Abhängigkeit der europäischen Finanzspritzen leben. Dass dies keine sinnvolle Methode ist belegen die Zahlen. Der Output in den Krisenländern ist weit unter dem Niveau, auf dem er vor dem Beginn der Austeritätspolitik lag, und die Arbeitslosigkeit um einiges höher. Jeder rational denkende Mensch würde die Strategie als gescheitert ansehen und andere Maßnahmen in Erwägung ziehen, würde da nicht die Deutsche Bank AG als größtes Kreditinstitut Deutschlands ein Wort mitreden können.
Die Deutsche Bank AG hat vor Beginn der Krise heftig in griechische Anleihen investiert und fürchtet nun um ihr Geld. Mit der Begründung, durch einen Ausfall der griechischen Anleihen wohl in Liquiditäts-Schwierigkeiten zu kommen, können sie wohl jeden Politiker überzeugen.
Was kann man nun abschließend von der voraussichtlich neuen deutschen Regierung erwarten in Sachen Eurokrisenbewältigung? Mein Fazit lautet: Man kann wohl eher nicht viel erwarten in den nächsten vier Jahren, vorausgesetzt es wird sich nicht derart verschlimmern, dass ein Eingreifen parteistrategisch für eine der beiden Parteien notwendig wird.
Weiteres 2017…
Jan Eißner
ist Teilnehmer des 6. Jahrgangs der Wirtschaftspolitischen Akademie 2013/14.
Kommentare
Eine Antwort zu „Die Große Koalition und die Unfähigkeit die Eurokrise zu bekämpfen“
Jetzt ist wieder der Zeitpunkt für die Regierung entschieden zu handeln um die Krise zu bewältigen und auch innenpolitisch die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu legen.